Asylpolitik: Reaktion und Entrechtung auf dem Vormarsch

Syrische und irakische Bootsflüchtlinge vor der Insel Lesbos im Oktober 2015, Ggia, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

“Wir schaffen das” erklärte die Bundes­kanzlerin Merkel vor acht Jahren, als hunderttausende Menschen vor dem Krieg in Syrien, an dem auch die Bundes­republik beteiligt war, hierher flohen. ,,Wir schaffen das” verkündeten täglich die Nachrichten. Eine Welle der Hilfsbereit­schaft erfasste das Land. Die CSU hetzte dagegen. Der damalige bayerische Minis­terpräsident Seehofer forderte die Hoch­ziehung von Grenzzäunen, sah das christ­liche Abendland vom Islam bedroht. Kräfte wie er gossen so Öl ins Feuer der Rassisten und offenen Faschisten, um dann zu war­nen: “Die Stimmung kippt”.

Die Bayerische Staatsregierung be­schloss u.a. das sog. Bayerische Integrati­onsgesetz, in dem “die Achtung der deutschen Leitkultur” als gesetzliche Pflicht festgelegt worden ist. Die AfD gewann durch diese rassistische und nationalistische Diskussion und entspre­chender Gesetzesverschärfungen nur an Boden. Doch damals kämpften noch viele Mitglieder und Anhänger der SPD und der Grünen mit anderen Demokraten und Antifaschistengegen diese Hetze, gegen die Entrechtung der Flüchtlinge.

Statt Willkommenskultur: Abschotten, Einsperren, Abschieben

Nun heißt es seit Monaten in den Nachrichten, verkündet salbungsvoll der Bundespräsident Steinmeier (SPD), erklä­ren auch die Regierungsparteien: Wir schaffen das nicht, die Kommunen sind am Limit, die Zahl der Flüchtlinge muss begrenzt werden. Die Ampelregierung stimmt der weiteren Entrechtung der vor diesen Kriegen und ihren wirtschaftlichen Folgen fliehenden Menschen auf EU­ Ebene zu. Monate lang sollen sie im Falle einer Krise an den Außengrenzen dieser EU in Flüchtlingslagern eingesperrt wer­den, um möglichst viele danach gleich wieder abschieben zu können. Hier im Land werden gerade Gesetze vorbereitet, um Menschen, die hier teilweise seit Jahren als Geduldete leben und – wenn sie dürfen – arbeiten, möglichst „effizient” abschieben zu können. Dazu soll es z.B. ermöglicht werden, sie nicht „nur” 10 Tage, wie bisher schon, sondern bis zu 28 Tage in Abschie­behaft einzusperren. Abschiebungen sollen nicht mehr angekündigt werden müssen, Wohnungen durchsucht werden können. Kräften wie der CSU geht das noch nicht weit genug. Geflüchtete sollen zu ehren­ amtlicher Arbeit verpflichtet werden, so eine Forderung von Herrn Söder. Der Schritt zur Zwangsarbeit ist da nicht mehr groß.

Geflüchtete als Sündenböcke

Dabei ist die Zahl der Flüchtlinge, die hier ankommt, noch weitaus geringer als 2015 und das Land insgesamt durchaus nicht ärmer geworden. Über sieben Billio­nen Euro beträgt das private Geldvermö­gen, davon besitzen nur 10 Prozent der reichsten Haushalte 60 Prozent, also rund 4,4 Billionen.

Ja, es gibt zu wenig billige Wohnungen, zu wenig Schul- und Kindertagesstätten­plätze, eine immer schlechter werdende Gesundheitsversorgung und die Masse der Arbeiter wird aufgrund der steigenden Preise ärmer. Doch all das liegt nicht an den Arbeitern und Bauern, die in ihren Ländern nicht mehr leben können, son­dern an dem viel gepriesenen Kapitalismus. Da wird eben nur gebaut, wenn es für Baufirmen und Immobilienkonzerne profitabel ist. Da gehen Milliarden von Geldern als Subventionen an die großen Konzerne, damit diese gegen ihre Konkurrenten im Kampf um die Absatzmärkte gewinnen, werden Milliarden in die Kriegsvorbereitung gesteckt. Gute und ausreichende Schulen, Kindertagesstätten, Krankenhäuser, Wohnungen? Vergesst es, dafür fehlt das Geld.

Doch das zu erkennen und dagegen den Kampf aufzunehmen, das soll verhindert werden. Die Flüchtlinge gefährden „unse­ren” Wohlstand, die können wir uns nicht leisten, das ist die Botschaft. So wird Rassismus nicht bekämpft, sondern ge­schürt, die bürgerliche Demokratie Stück für Stück zerschlagen, die faschistischen Kräfte gestärkt. Und das alles auch noch mit dem Argument, der AfD das Wasser abgraben zu wollen. Jeder Verantwortliche in der SPD, bei den Grünen, jeder Gewerkschaftsfunktio­när, der diese Politik mitträgt, statt dagegen zu kämpfen, muss sich fragen lassen: Habt ihr denn rein gar nichts aus der Geschichte gelernt?

gr | Artikel aus AufDraht Oktober 2023

Zutiefst menschenfeindlich und reaktionär

Nicht nur die permanente Stimmungsmache von CSU und Teilen der CDU gegen Flüchtlinge lässt Rassismus aufblühen, ist Balsam für die Reaktionäre. Auch die Beteiligung der BRD am Krieg in der Ukraine unter einer SPD/Grünen/FDP-Regierung schwächt die demokratischen Kräfte und stärkt die Reaktion.

Die ganz große Koalition für Kriegsgeschrei statt Friedenslosungen bis hinein in die Gewerkschaften, hat die rechten Kräfte weiter erstarken lassen. Die Hetze gegen alles, was russisch ist, statt Völkerfreundschaft, schürt Rassismus und Nationalismus.

Krieg im Kampf um weltweiten Einfluss des großen Kapitals – und um nichts anderes geht es doch, wenn es heißt, die Ukraine gehört zu Europa – ist nun einmal zutiefst menschenfeindlich und reaktionär. Die AfD kann sich auch noch als scheinbare Friedens-Opposition gegen diesen Kurs aufspielen und gewinnt so weiter an Boden.