Neues „Erlanger Rot“ erschienen

Foto: Skyline von Sliema mit Fort Tigné im Vordergrund (Malta) von HH58, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia. Beschriftung von DKP Erlangen eingefügt.

Foto: Skyline von Sliema mit Fort Tigné im Vordergrund (Malta) von HH58, CC BY-SA 4.0 via Wikimedia. Beschriftung von DKP Erlangen eingefügt.

Steuergeschenke für Siemens bringen Haushaltsloch für Erlangen

In wenigen Monaten hat sich das überraschende Haushaltsloch der
Stadt Erlangen immer mehr ausgeweitet: von zunächst 50, dann 140 auf aktuell 160 Millionen Euro. Ursache sind im Wesentlichen nicht eingeplante Gewerbesteuererstattungen, weil ansässige Großkonzerne Millionenbeträge von den Finanzämtern und nun auch der Stadt zurückfordern.

Der enorme Fehlbetrag im Erlanger Haushalt soll nach dem Willen nahezu aller Stadtratsparteien zu massiven Sparmaßnahmen zu Lasten von Bürgerinnen und Bürgern führen. Personalbedarf, Spielplätze, Schulen, Klimaschutz – die Liste des Streichkonzerts ist lang. Einzig
die erlanger linke hält dagegen und lehnt die Pläne ab.

Dabei hatte Oberbürgermeister Florian Janik noch im Januar in seiner Haushaltsrede den Bürgerinnen und Bürgern hohe Steuereinnahmen angekündigt: „Unternehmen … investieren hier am Standort gerade massiv in ihre Zukunft und sie vertrauen darauf, dass es hier in Erlangen auch eine positive Zukunft für sie gibt.“
Mit Blick auf die Bilanzen etwa der Siemens AG oder der Medizintechnik-Tochter Siemens Healthineers AG kann getrost von goldenen Zeiten gesprochen werden, wie die Gewinne der vergangenen Jahre zeigen.

(Angaben in Milliarden Euro, Gewinn nach Steuern)

Da beide Konzerne auch in den kommenden Jahren mit glänzenden Geschäften rechnen, beruhen die geforderten Rückzahlungen wohl auf der geschickten Nutzung verschiedener Steuerschlupflöcher. So ist etwa der Ankauf von Unternehmen als Betriebsausgabe von der Steuer abzusetzen. Das gilt allerdings nur für – tja, wiederum Unternehmen. Wer als ganz normale Beschäftigte etwa den Kauf eines
neuen PKW (für die Fahrten zur Arbeit) oder einer neuen Waschmaschine als „Betriebsausgabe“ von der Lohnsteuer abziehen möchte, wird beim Finanzamt nur ein müdes Lächeln ernten. Übrigens hat Siemens Healthineers vor einigen Wochen für 200
Millionen Euro eine Diagnostiksparte von Novartis gekauft.

Noch bekannter sind spätestens seit geleakten Panama- oder Paradise Papers diverse Steueroasen in der EU und darüber hinaus. Für weltweit tätige Konzerne bietet sich etwa die Verrechnung von Lizenzen, Patenten oder Dienstleistungen an – bei eigenen Firmen mit Sitz in Steuerparadiesen, versteht sich. Wer in den Paradise Papers blättert, wird schnell fündig: Sowohl die Siemens AG als auch die Siemens Healthineers AG haben da entsprechende Firmen in den Büchern stehen: Fast Track Diagnostics und FTD Europe Ltd., mit Firmensitzen in einschlägigen Niedrigsteuerländern von Luxemburg über Malta bis (neu!) auch Indien.

Zwar sollten innerhalb der EU diese Schlupflöcher geschlossen werden, die Bundesregierung aber steht seit Jahren auf der Bremse. Der im Jahr 2021 für einen
entsprechenden Gesetzesentwurf zustän-
dige Finanzminister heißt Olaf Scholz und
ist heute Bundeskanzler.

Der Selbstbedienungsladen für Konzerne
und Superreiche bleibt unter der schützenden Hand aller bisherigen Regierungen weiter geöffnet. Welche „kreativen“ Steuergestaltungen die für die Erlanger Haushaltsmisere verantwortlichen Kon-
zerne auch genutzt haben mögen, so ist jedenfalls festzustellen, dass Haushaltskürzungen zu Lasten der Bevölkerung nicht nur asozial und undemokra-
tisch sind, sondern auch keine Lösung bieten.
Gegen die Verarmung der Kommunen müssen sich nun alle Parteien im Stadtrat stark machen. Am besten mit einem Brandbrief an die Regierung und an „ihre“ Parteivorstände. Sie wären damit nicht allein. Im Juli diesen Jahres hat der deutsche Städtetag angesichts dramatisch ansteigender Schulden in Städten und Gemeinden von einer „dauerhaften Schieflage“ gesprochen und die Bundesregierung aufgefordert, „mit ihrer Finanzpolitik grundlegend umzusteuern“.

Die erlanger linke lehnt nicht nur Kürzungen zu Lasten der Bevölkerung ab, sie fordert, dass die Bundesregierung auch dem Wettbewerb der Kommunen untereinander um den niedrigsten Gewerbesteuersatz einen Riegel
vorschiebt.

„Die öffentliche Hand darf sich nicht
derart auf der Nase herumtanzen las-
sen. Auch große Firmen müssen Steu-
ern zahlen.“

● Beschäftigte, Spielplätze, Schulen,
Fahrradwege müssen bleiben!

● Steuerparadiese und Schlupflöcher
für das große Geld müssen endlich
geschlossen werden!

Besser Freude für alle – als Freude für Siemens-Eigentümer.