Die Automobil-Krise rollt!

IG-Metaller vor dem Gewerkschaftshaus Wolfsburg. Screenshot aus Trailer „Verkehrswendestadt Wolfsburg“, 2024

Anfang September platzte die Bombe. Europas größter Autobauer hatte angekündigt, den Sparkurs im VW-Konzern noch einmal zu verschärfen und den seit drei Jahrzehnten geltenden Vertrag zur Beschäftigungssicherung zu kündigen. Der Vertrag sollte eigentlich noch bis 2029 laufen. Betriebsbedingte Kündigungen sind damit nicht mehr ausgeschlossen. In Zahlen: 130.000 Beschäftigte, 30.000 Jobs bei VW wackeln. (manager magazin 19.9.24)

Als Grund nannte Konzernchef Oliver Blume die schwierige Lage auf dem Automarkt und eine verschlechterte Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Produktionsstandorte. Der Profit mag sinken, war aber 2023 immer noch gut für 4,5 Milliarden Euro an die Aktionäre.

Das Monopolkapital schert sich weder um Gesetze noch Verträge. Die Beschäftigungssicherung war ja kein Geschenk der Kapitalseite, sondern wurde mit einem Kompromiss erkauft und von den Belegschaften schon längst mit Lohnverzicht bezahlt.

Audi Brüssel: „Arbeiter nicht Sklaven”. Screenshot PVDA

Wir erleben eine der größten Wirtschaftskrisen seit Bestehen der Bundesrepublik. Sie wurde zunächst durch die Corona-Pandemie, dann durch den Wirtschaftskrieg gegen Russland und die gewaltige Hochrüstung verstärkt. Verursacht haben die Krise weder Corona noch der Ukrainekrieg. Sie begann im Herbst 2019 als kapitalistische Überproduktionskrise, die durch zusätzliche Krisenmomente in der Automobilindustrie verstärkt wurde: E-Mobilität stagniert, hohe Transformationskosten, Energiepreise vervielfacht – Krieg! Diese Krisenmomente sind nichts anderes als das Ergebnis des Kapitalismus. Ein Wirtschaftssystem, dessen einziges Ziel die Mehrung von Proft ist, das keine gesellschaftliche Planung kennt, ist ohne Krise nicht möglich. Das Gerede von der Corona-Krise diente dazu, von dieser Tatsache abzulenken und um die Folgen der Krise auf die Arbeiter, Angestellten, Rentner, Arbeitslosen und Kleingewerbetreibenden abzuwälzen.

Kampf ist angesagt. Das ist mehr als einige Schritte vors Tor, für eine halbe Stunde. Doch damit muss begonnen werden. Sich versammeln, um zu sehen, wer für mehr bereit ist: Streik gegen Lohnabbau, gegen Arbeitsplatzabbau! Arbeitszeitverkürzung muss her bei vollem Lohnausgleich! Eine gute Gelegenheit, dafür gelenkig zu werden, ist die Metalltarifrunde. Die Friedenspficht endete am 28. Oktober!

Finde den Fehler
Die Kapitalisten wollen die Arbeiter überflüssig machen: Rationalisierung, Automatisierung,
Roboter, Digitalisierung, KI. Sie sagen: Wozu der ewige Ärger mit Tarifen, Lohnkämpfen, Streiks?
Die Maschinen liefern ohne Murren, ohne auf eingebildete Rechte zu bestehen. Finde den Fehler.

„Die Ampel ist schuld!” sagte ein Kollege bei MAN kürzlich zu unserem Auf-Draht-Verteiler. Das ist derzeit ein gängiger Spruch. Die Ampelregierung ist aber nur die Geschäftsführung der beschriebenen Monopolkapitalisten insgesamt. (Siehe Kasten) So wie die Manager – ob Blume bei VW oder Zipse bei BMW –, die für die Profitsteigerung ihres Kapitalisten zu sorgen haben. „Schuld” ist ein Wirtschafts-system, das alle Lasten auf die abwälzt, die alle Werte schaffen. Das nur eine Lung kennt: Leiharbeiter raus, Belegschaft abbauen, Werke schließen. Kapitalismus ist unbrauchbar für uns!

Neues von BMW. Der bekannte Werbespruch heißt: BMW aus Freude am Fahren. Doch wenn’s ans Bremsen geht, gibt’s Probleme. Solltet ihr einen BMW mit einem Baujahr seit 2022 fahren, kann es sein, dass ihr ganz, ganz fest auf die Bremse steigen müsst. Auch das ABS kann ausfallen.

Kollegen bei Audi Brüssel: Stoppt die Schließungen, rettet unsere Industrie | Screenshot PVDA

Die Bremskomponenten kommen von Continental. Über eine Million Fahrzeuge sollen betroffen sein. Die Rückrufaktion wird einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. Bremsen – eine Technologie so alt wie Pferdekutschen. (Infos aus auto motor sport 10.9.24)

Widerstand bei Audi. Im Audi-Werk in Brüssel mit 3.000 Beschäftigten wird der „Q8 e-tron” gebaut. Die Nachfrage geht zurück, also droht der Mutterkonzern VW mit Werksschließung. Die Kollegen haben darauf die Arbeit hingeschmissen. Sie verlangen Klarheit, wie es weitergeht. Damit keine von den Büchsen das Werk verläßt, haben die Kollegen mehr als 200 Schlüssel der fertigen Fahrzeuge beschlagnahmt. (ARD Tagesthemen 8.9.24)

Täglich 3.100 Euro Rente! Die erhält Winterkorn, ehemaliger Vorstandsvorsitzender von VW, derzeit Angeklagter im Dieselskandal und im Krankenstand. 2023 wurden 4,5 Milliarden Euro an die VW-Aktionäre ausgeschüttet, seit 2020 insgesamt 27 Milliarden. Erarbeitet von den VW-Beschäftigten.

Das Monopolkapital und seine Lösungen der Krise:
BMW. Dingolfing ist mit 12.000 Beschäftigten das größte BMW-Werk in der EU. Die Bänder standen für eine Woche still. Kurzarbeit light.
Daimler. In Bremen wurden 166 Leiharbeiter abgemeldet. Nach kurzer Arbeitsniederlegung wurden 50 Kollegen wieder eingestellt.
Porsche. Bis Ende 2023 wurden 600 Leiharbeiter rausgeworfen.
Opel. (Stellantis-Tochter) 15.000 Entlassungen sind geplant, alleine im Stammwerk Rüsselsheim 8.300.
Ford. In Köln sind 2.300, in Saarluis 3.500 weniger Beschäftigte geplant.
Continental. Der Zulieferer will 5.400 abbauen. Angebot an die Kollegen, in die Rüstungsindustrie zu gehen.
ZF. (Zahnradfabrik Friedrichshafen) Getriebe werden nicht mehr gebraucht. Bis 2028 sollen in allen Werken 12- bis 14.000 abgebaut werden.
Schäffler. Abbau von 1.300 geplant, 30-Stunden-Woche mit 15 Prozent Lohnverlust soll eingeführt werden.
Bosch. In den letzten Jahren wurden Tausende abgebaut, davon in München 300. Weitere 1.500 sind geplant. (Zahlen aus focus online 11.09.24 u.a)

Parkplatz in Wolfsburg – Überproduktion bei VW (Screenshot)

krn | Artikel aus AufDraht Oktober 2024