Mit der Waffe vor dem Bett
Klimaaktive als Verbrecher verfolgt. Gemeint ist jeder zivile Widerstand. Dazu gehört Hetze gegen Streikende.
Am 25. Mai morgens fand eine bundesweite Razzia (arabisch: Kriegszug) gegen Klimaaktivisten statt. Die Generalstaatswaltschaft München erhob den Anfangsverdacht einer „kriminellen Vereinigung”. Betroffene berichteten, die Polizei sei mit der Waffe im Anschlag vor ihrem Bett gestanden. Der § 129 StGB, auf den sich die Polizeiaktion stützte, kann willkürlich ausgelegt werden und ermöglicht fast unbegrenzte Ermittlungen. (Was beim Tatbestand der Nötigung nicht möglich wäre.) Es ist das stärkste Instrument des Staates gegen „Vereinigungen” von drei Personen und mehr, die sich auf die „fortlaufende Begehung von Straftaten” verabredet haben sollen.
Angeheizt wird die öffentliche Meinung von der CSU. Dobrindt, Wadlbeißer der CSU im Bundestag, sprach von der „Klima-RAF” und Söder behauptet eine zunehmende Radikalisierung der Klimabewegung. Für den bevorstehenden Bierzeltwahlkampf ist die Razzia ein willkommener Input.
Dabei geht es nicht nur ums Kleben auf die Straße. Es kann alle Vereinigungen betreffen, die sich bei ihren Aktionen auf ihr demokratisches Recht auf zivilen Widerstand berufen. Wie etwa die VVN, die einen Nazimarsch verhindert oder Kriegsgegner, die sitzend Atomwaffenlager blockieren.
Oder Arbeiter, die selbständig, „wild” streiken wie vor kurzem der Lieferdienst „Gorilla”, oder die einen Betrieb besetzen. Allen diesen und deren Umfeld galt die Staatsaktion, zur Einschüchterung und zur Angstmache.
Die Klimakleber wollen Aufmerksamkeit erregen. Ihre Forderungen sind eher zahm: 9-Euro-Ticket und Tempo 130. Egal, wie man zu dieser Aktionsform steht – sie geht an den Kollegen vorbei und dient nicht der Mobilisierung der Arbeiter, auf die die Kosten der sogenannten Energiewende abgewälzt werden.
Die bürgerlichen Medien begleiteten die Streikbewegung der letzten Monate mit einer Hetze gegen die Gewerkschaften. Da wird ein Sprecher der DB zitiert mit „…ein irrsinniger Streik.” Es ist die Rede von „Geiselnahme” der Bahnfahrer. Vor einiger Zeit schon wurde ein „Anschlag auf die Bürger” gemeldet, als die EVG ein Stellwerk bestreikte. Die Gewerkschaften werden in der Nähe von wahnsinnigen Terroristen verortet. Das Streikrecht wird angegriffen, der geplante EVG-Streik wurde gerichtlich untersagt. (Siehe Artikel „Die Eisenbahner kämpfen weiter“ auf Seite 2) Die AfD kann sich grinsend zurücklehnen und die Rechtsentwicklung des Staates abwarten. Das alles darf den Arbeitern, den Gewerkschaftern nicht egal sein!